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Freitag, 21. Mai 2010

Zahl des Tages (21.05.10): 4.260.000.000

So, nicht mehr viel Zeit für meine Zahl des Tages. Ich war und bin gleich wieder unterwegs und in die wenigen Minuten, die ich noch hier bin, muss ich die ZdT quetschen und noch ein paar O'Reilly E-Books shoppen, die (nur) heute allesamt 9,99 $ kosten (Teleread).

Was habe ich für Euch?

Der Stabilisierungfonds für die deutschen Banken SoFFin hat heute seinen Jahresabschluss für 2009 präsentiert. Der operative Gewinn von knapp 500 Millionen Euro wurde ja schon gemeldet, allerdings war unklar, wie werthaltig die ganzen Assets denn so sind, die der SoFFin übernommen hat. Dass das nicht allererste Sahne sein kann, war klar, sonst wären die Banken wie der HRE wohl nie in Probleme geraten.

Die Höhe der Abschreibungen überrascht aber doch. Wurde noch vor gut 2 Monaten davon ausgegangen, dass es wohl ungefähr 1 Milliarde Euro werden würde, sind es nun allein bei der Hyporealestate 4,75 Mrd. Euro geworden. Davon gingen 4,1 Mrd. auf geringere Aktienbewertungen zurück. (Wieso man im Februar noch von 1 Mrd. ausgehen konnte, verstehe ich dann nicht wirklich, denn der Aktienkurs steht doch eigentlich fest ...)

Mit ein paar weiteren kleiner Korrekturen errechnet sich damit ein Verlust für 2009 von

4.260.000.000 (4,26 Milliarden) Euro.

Man muss jetzt nicht unken, aber dass keine weiteren Abschreibungen auf die anderen Anlagen, also die Hypotheken, folgen werden, ist quasi ausgeschlossen. Immerhin hat die irische Tochter der HRE auch in den kritischen Märkten in Großbritannien und Irland jede Menge Kredite vergeben.

Viel Hoffnung macht der Chef des SoFFin nicht. Wörtlich: "Retten ist leider kein lukratives Geschäft."

FTD: Soffin schreibt wegen HRE vier Milliarden ab

Noch eine interessante Zahl aus dem Bericht: Ende 2009 wurden Eigenkapitalhilfen in Höhe von 160,7 Mrd. Euro an die HRE, die Commerzbank und einige andere vergeben.

Nicht wahr, oder?

Das ist der WTF des Tages ...

Es geht um den Blitzcrash an der Wall Street vom 6. Mai, genauer gesagt um die Aufarbeitung. Wir reden hier über High-Frequency-Trading, den Krieg der Algorithmen, kurz über absolute Höchstleistungs-IT.

Auf der einen Seite ...

Auf der anderen Seite steht die Commodity Futures Trading Commission (CTFC), die den Handel kontrollieren soll. Bekannt sein dürfte diese dem ein oder anderen, weil von dort die "Commitment of Trader" Daten kommen.

Die CTFC bekommt die Handelsdaten scheinbar per Fax und tippt die Daten dann von Hand in den Computer.

WTF?

Kein Wunder, dass die Aufklärung des Blitzcrashs nicht vorankommt ...

Exemplarisch zeigt sich an dieser abstrusen Geschichte aber auch, wie systematisch die Kontrollmechanismen zerstört wurden. Denn dass die Überwachungsbehörden den Marktteilnehmern um Jahre hinterherhinken, war gewollt. Eine von der Finanzbranche unabhängige Politik gibt's in den USA schon seit mindestens 2 Jahrzehnten nicht mehr ...

Handelsblatt: US-Börsenaufsicht sammelt Börsendaten noch per Fax

Dienstag, 11. Mai 2010

Zahl des Tages (11.05.10): 3,57

So, wir haben ja jetzt einen Rettungsschirm mit einem maximalen Volumen von 750 Milliarden Euro. Da hat man fast keine Lust mehr solche Details herauszufinden, ob es jetzt nachrangig haftendes Geld ist oder ob erst die Eurozone zahlt und anschließend der IWF (oder ob immer beide im Verhältnis 2:1 zahlen) oder oder oder.

Zu viele der grundlegenden Probleme der Währungsunion bleiben bei diesem Rettungsschirm ungelöst. Wie schon bei der Gestaltung der Eurozone wird der Fall der Fälle einfach ausgeblendet und selbst heute stellen sich die Politiker noch hin und behaupten, dass der Schirm ja gar nicht in Anspruch genommen werden muss. Dabei sind die Probleme, die zur aktuellen Krise geführt haben, alt. Es sind Länder in die Eurozone gekommen, die in Sachen Wettbewerbsfähigkeit weit weg vom Niveau Deutschlands, Frankreichs, Österreichs oder den BeNeLux-Staaten sind. Am nächsten kommt dem Niveau noch Italien, bei dem es zumindest im nördlichen Teil keine Probleme gibt. Aber in Spanien und noch mehr in Portugal und Griechenland liegt die Wettbewerbsfähigkeit weit unter dem Niveau der "Kern-EU". Ich verstehe bis heute nicht, wie diese Länder nach so kurzer Akklimatisierungsphase in die Eurozone kommen durften. Selbst unsere direkten Nachbarn haben länger Zeit gehabt, sich an die D-Mark zu koppeln und ihre Wettbewerbsfähigkeit anzupassen. Und die waren auf einem relativ ähnlichen Niveau. Was man bei Griechenland, Portugal und Spanien bei aller Liebe nicht sagen kann. Und die haben trotz deutlich niedrigerer Ausgangsbasis viel weniger Zeit gehabt. Das konnte einfach nicht gutgehen ...

Alle PIIGS-Länder produzieren daher zuverlässig Handels- und Leistungsbilanzdefizite. Sie kaufen also mehr im Ausland als sie selber ins Ausland verkaufen. Das geht natürlich nur, wenn es einen entsprechenden Geldstrom gibt, der in die Gegenrichtung fließt. Dieser kann über Zahlungen von Gastarbeitern im Ausland kommen (in Mittelamerika gleichen diese einen entscheidenden Anteil der Defizite aus), im Normalfall und zum überwiegenden Teil kommt das Geld aber über Kredite.

Wer jetzt hier einen Kreislauf erkennt, liegt genau richtig. Das Geld, das wir mit unserem Exportüberschuss verdienen, verleihen wir als Kredit wieder ans Ausland zurück. Das ist im Endeffekt exakt das selbe, was auch zwischen den USA und China passiert. Die Chinesen verkaufen den Amerikaner ihre Waren und leihen das eingenommene Geld dann wieder an die USA zurück.

Das kann natürlich nicht ewig so weitergehen und irgendwann muss sich das Ungleichgewicht auflösen. In Europa drückt man sich mit dem Rettungsschirm jetzt um dieses Thema herum. Und weil alles so weiterlaufen soll wie bisher, mache ich mir mal den Spaß und rechne aus, wie lange die Leistungsbilanzdefizite "eingefahren" werden dürfen, bis das Geld aus dem Rettungsschirm weg ist ...

Ich habe dazu ein paar Zahlen vom ifo-Institut rausgegoogelt. Darin sind die entsprechenden Zahlen der kritischen 5 Staaten der Eurozone (PIIGS) drin. Leider sind die Zahlen auf dem Stand von 2008. Aktuellere liegen aber noch nicht vor ...

Ich nehme jeweils das Leistungsbilanzdefizit nach den Transferzahlungen (das sind die Zahlungen, die vorwiegend von im Ausland arbeitenden Gastarbeitern an die in der Heimat lebende Familie gehen).

In Irland liegt das Minus bei 9,4 Mrd. Euro (oder 5,2% des BIPs) jährlich. In Portugal bei 17,4 Mrd. (10,5%), in Italien bei 52,8 Mrd. (3,4%), in Griechenland bei 30,7 Mrd. (12,8%) und in Spanien bei 98,9 Mrd. (9,1%). Man kann auch schön erkennen, warum in DonAlphonso immer sage, dass er sich die billige Villa in Italien abschminken kann, weil die Defizite in Italien nicht so groß sind ... Ebenfalls leicht zu sehen, wie groß die Lücken in Spanien, Portugal und Griechenland sind. So um die 10% Minus sind keinen Pappenstil, den man mal so eben ohne Verwerfungen abbauen kann (vor allem, wenn das normale Mittel fehlt: Die Währungsabwertung).

Alle 5 PIIGS Länder erzeugen zusammen also Leistungsbilanzdefizite von knapp 210 Mrd. Euro. Damit reicht der Rettungsschirm theoretisch

3,57 Jahre (also 3 Jahre und knapp 7 Monate).

Das ist natürlich nur als kleiner Spielerei zu verstehen, denn der Zusammenhang zwischen Kapitalbedarf eines Landes und der Leistungsbilanz ist nicht soooo 1:1 abbildbar, dass man wirklich davon ausgehen muss, dass Italien das Leistungsbilanzdefizit 1:1 über neue Schulden finanzieren muss. Auch können (und sollen) die Defizite mit Umsetzung der Sparmaßnahmen sinken. 2008 hochzurechnen ist also ebenfalls wacklig ...

Aber eines soll deutlich werden: Wenn die Leistungsbilanzdefizite nicht *deutlich* sinken, ist die nächste Krise so sicher wie das Amen in der Kirche.

Übrigens würde bei einer angenommenen kompletten Refinanzierung der Südländer über den Rettungsschirm das Geld noch viel schneller aufgebraucht sein. Hier habe ich zwar keine nachvollziehbare Zahl gelesen, aber von einer Reichweite bis Ende 2011 gehört. Sollte also niemand mehr den PIIGS-Staaten Geld leihen, wäre der ach so große und tolle Schirm Ende 2011 zerfleddert ...

http://www.cesifo-group.de/link/special-greek-facts.pdf